07.04.2025
| von Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen UBI
07.04.2025, Bern - Die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen UBI hat die
unterlassene Berichterstattung von SRF über ein wichtiges Ereignis als programmrechtswidrig beurteilt.
Die
Beschwerden gegen zwei Beiträge der Sendung "Rundschau" über die Prügelattacke von mehreren
Männern gegen eine Frau hat sie in einem Fall gutgeheissen, im anderen abgewiesen.
Im Rahmen ihrer gestrigen und heutigen öffentlichen Beratungen in Bern hat die UBI 16 Verfahren behandelt, die Beschwerden gegen Publikationen von Schweizer Radio und Fernsehen SRF sowie Radio Télévision Suisse RTS betrafen, und dabei 18 Beschlüsse gefasst.
Die im Programm von SRF unterlassene Berichterstattung über die vom Krisenstab des deutschen Robert Koch-Instituts während der Corona-Pandemie angefertigten Protokolle (RKI-Protokolle) bildete Gegenstand einer Popularbeschwerde. Der Beschwerdeführer rügte, diese durch verschiedene Akteure etappenweise veröffentlichten Dokumente enthielten wichtige Erkenntnisse zur Handhabung der Covid- 19-Pandemie und seien auch von erheblichem Interesse für die Schweizer Bevölkerung. Die Mehrheit der UBI erachtete die Beschwerde als begründet und kam zum Schluss, dass die Nichtberichterstattung über die in den RKI-Protokollen enthaltenen Vorgänge, insbesondere den Umstand, dass die Wissenschaft der Politik folgte und nicht umgekehrt, programmrechtswidrig war. Sie bewirkte eine Unausgewogenheit in der Berichterstattung bezüglich der Aufarbeitung der Corona-Pandemie im relevanten Zeitraum und verletzte daher das Vielfaltsgebot. Die UBI hat die Beschwerde mit fünf zu drei Stimmen gutgeheissen (Verfahren b. 1014).
Ebenfalls um die Aufarbeitung der Corona-Pandemie ging es in einer weiteren Popularbeschwerde. Diese richtete sich gegen einen kurzen Beitrag der Nachrichtensendung "Tagesschau" und einen Online- Artikel von SRF vom 3. November 2024, in welchen sich der ehemalige Präsident der Eidgenössischen Kommission für Impffragen Christoph Berger rückblickend kritisch zu den während der Pandemie getroffenen Massnahmen äussert. In den Beschwerden wurde moniert, die Aussagen seien unzutreffend und die Redaktion habe diese unkritisch wiedergegeben. Die UBI kam in der Beratung jedoch zum Schluss, dass sich das Publikum zu den Aussagen Bergers aufgrund des transparenten Fokus eine eigene Meinung im Sinne des Sachgerechtigkeitsgebots hat bilden können, und wies die Beschwerde einstimmig ab (b. 1024).
SRF strahlte im Rahmen des Fernsehmagazins "Rundschau" zwei Beiträge über den Fall einer mit Videoaufnahmen illustrierten Prügelattacke von Männern gegen eine Frau in Schaffhausen und die damit verbundenen Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden aus. Im ersten Beitrag vom 22. Mai 2024 standen die Ermittlungen der Schaffhauser Behörden im Fokus, zu denen sich ein Strafrechtsexperte kritisch äusserte. Die heftigen Reaktionen auf diese erste Ausstrahlung standen im Zentrum des zweiten Beitrags vom 29. Mai 2024, welcher noch ein Gespräch mit einer Expertin für geschlechterspezifische Gewalt beinhaltete. In der Betroffenenbeschwerde des Kantons Schaffhausen wurden Verletzungen des Sachgerechtigkeitsgebots und eine Missachtung der Menschenwürde in beiden Beiträgen geltend gemacht. Beim ersten Beitrag kam die UBI mehrheitlich zum Schluss, dass die Redaktion die bei anwaltschaftlichem Journalismus in laufenden Strafverfahren erforderlichen erhöhten journalistischen Sorgfaltspflichten nicht ausreichend eingehalten hatte und das Sachgerechtigkeitsgebot deshalb verletzt wurde. Die UBI hiess die entsprechende Beschwerde mit fünf zu drei Stimmen gut. Mit dem gleichen Stimmenverhältnis wies die UBI die Beschwerde gegen den zweiten Beitrag ab, in dem das Thema geschlechterspezifische Gewalt im Allgemeinen im Zentrum stand. Der programmrechtlich gebotene Schutz der Menschenwürde wurde in beiden Beiträgen eingehalten (b. 1013).
Einstimmig abgewiesen hat die UBI eine Popularbeschwerde gegen die Berichterstattung von SRF zum Konflikt in Gaza. Die Beschwerdeführerin kritisierte, diese gehe seit Oktober 2023 zu Lasten der palästinensischen und libanesischen Bevölkerung und bevorzuge die Sichtweise Israels. Im für die Beurteilung relevanten Zeitraum vom 7. Juli bis 7. Oktober 2024 konnte die UBI jedoch keine rechtserhebliche Einseitigkeit oder Unausgewogenheit im Rahmen der breiten Berichterstattung von SRF feststellen. Das Vielfaltsgebot wurde deshalb nicht verletzt (b. 1020).
SRF veröffentlichte am 28. Juli 2024 den Online-Artikel "Krieg im Nahen Osten – Raketenangriff auf Fussballplatz: Darum droht eine Eskalation". In einer Popularbeschwerde wurde eine einseitige Wiedergabe von Aussagen der Konfliktparteien zu Gunsten der Position Israels, die falsche Darstellung sowie das Verschweigen von Fakten moniert. Die UBI stellte im Beitrag zwar Mängel fest. Da diese insgesamt jedoch Nebenpunkte betrafen, begründeten diese noch keine Verletzung des Sachgerechtigkeitsgebots. Die Beschwerde wurde einstimmig abgewiesen (b. 1015).
Gleich fünf Beschwerden betrafen das neue Format "Vraiment" von RTS, welches sich dem Fact- Checking widmet und sich an ein junges Publikum richtet. Bei der zu beurteilenden Publikation vom 21. Mai 2024 mit dem Titel "Qui est Louis Fouché, le médecin français qui fait peur la à la Suisse?" stellte die UBI zwar Mängel beim Fazit ("Récap") fest. Diese verunmöglichten jedoch nicht eine freie Meinungsbildung zur Publikation insgesamt, da sich Dr. Fouché zu der gegen ihn erhobenen Kritik angemessen und mit seinen besten Argumenten äussern konnte. Weil weder das Sachgerechtigkeitsgebot noch andere Programmbestimmungen verletzt wurden, wies die UBI die Beschwerde mit fünf zu zwei Stimmen ab (b. 1009, b. 1010, b. 1011, b. 1012, b. 1016).
Im Zusammenhang mit der Nichtaufschaltung bzw. Löschung von Kommentaren zu Online-Artikeln von SRF hatte die UBI sechs Beschwerden zu behandeln. Zwei davon hiess sie gut, zwei wies sie ab und auf zwei trat sie nicht ein (b. 998, b. 1017, b. 1018, b. 1019, b. 1021, b. 1026).
Die UBI ist eine ausserparlamentarische Kommission des Bundes, die von der Rechtsanwältin und Kommunikationsberaterin Mascha Santschi Kallay präsidiert wird. Sie besteht aus neun nebenamtlich tätigen Mitgliedern und einem dreiköpfigen Sekretariat. Die UBI hat auf Beschwerde hin festzustellen, ob ausgestrahlte Radio- und Fernsehsendungen schweizerischer Programmveranst
Medienkontakt:
Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen UBI
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--- ENDE Pressemitteilung Beschlüsse der UBI zu 18 Beschwerden ---
Über Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen UBI:
Die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen UBI beurteilt Beschwerden gegen Radio- und Fernsehsendungen schweizerischer Veranstalter und gegen das übrige publizistische Angebot der SRG. Sie behandelt ebenfalls Beschwerden gegen die Verweigerung des Zugangs zu schweizerischen Radio- und Fernsehprogrammen und zum übrigen publizistischen Angebot der SRG.
Als ausserparlamentarische Kommission des Bundes prüft die UBI in einem grundsätzlich kostenlosen Verfahren, ob rundfunkrechtliche Bestimmungen verletzt wurden. Sie hat dabei zwischen der Medienfreiheit und dem Schutz des Publikums abzuwägen. Der UBI vorgelagert sind Ombudsstellen.
Die UBI setzt sich aus neun nebenamtlich tätigen Mitgliedern, die vom Bundesrat gewählt werden, und einem Sekretariat zusammen. Sie hat ihren Sitz in Bern.
Die UBI ist im Rahmen ihres Aufgabenbereichs an keine Weisungen von Bundesversammlung, Bundesrat und Bundesverwaltung gebunden. Dem Bundesrat hat sie jährlich einen Tätigkeitsbericht zu erstatten. Administrativ ist die UBI dem Generalsekretariat des Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) angegliedert.
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